McMuseum, McEntertainment und McKonzert?


Die expandierende, vielfältige Kulturwirtschaft entdeckt das Franchising als Erfolg versprechende Marktdurchdringungs- und Wachstumsstrategie. Ein Artikel von Thomas Matla, Consultant der Bellone Franchise Consulting GmbH, Zug/Schweiz. Erschienen am 30. März 2017 in der gedruckten Ausgabe des GründerMagazin.

McDonald`s im Pariser Museum Louvre

Mc Donald`s, Paris © Kunstwirtschaftler.com
Mc Donald`s, Paris © Kunstwirtschaftler.com

Der Franchise-Gastronom McDonald`s eröffnete im November 2009 im Pariser Museum Louvre ein Restaurant. Der Louvre ist mit rund acht Millionen Besuchern pro Jahr das meistbesuchte Museum der Welt, wenn auch viele Kulturinteressierte ihm nur einen Kurzbesuch abstatten, um einen Blick auf die weltberühmte Mona Lisa zu werfen. Danach, inspiriert und angetan, verlassen sie meist das Museum innerhalb weniger als 30 Minuten.

Damit kommen sich Franchise-Wirtschaft und Kulturwirtschaft gefährlich nah, meinen Sie? Es geht noch näher. Der Trend kommt wie immer aus den USA. Hier, wo fast alle Museen in privater Trägerschaft sind, spielt die Notwendigkeit der Eigenfinanzierung eine weitaus größere Rolle, als hierzulande, wo Museen nicht wirklich an der Erzielung von Einnahmen interessiert, geschweige denn dafür ausgelegt scheinen. Wenn ein aktives Museum in Deutschland Geld verdient, mindert es damit den Zuschuss aus dem öffentlichen Haushalt. Wer will das schon.

Non-Profit bedeutet in den USA dagegen zielgerichtet professionell und ergebnisorientiert arbeiten. Die Chancensuche ist dabei eine erfolgreiche Strategie. Neben überzeugenden Ausstellungskonzepten, die ein Massenpublikum anziehen, sind die Konzeption und Realisierung von erstklassigen und thematisch passenden Museumsshops und Museums-Cafés dafür wirtschaftlich erfolgreiche Beweise. Doch es geht noch expansiver.

Grosse Museumsmarken brauchen globale Präsenz

Tate, London © Kunstwirtschaftler.com
Tate, London © Kunstwirtschaftler.com

Die besten und grössten Museen der Welt begannen bereits vor Jahren ihre globale Präsenz, durch weltweite Ausleihe ihrer Exponate bis hin zu gesamten Ausstellungen, zu erhöhen. Zunehmend steht die Vervielfältigung der Museen selbst an. Damit begeben sie sich als Kulturinstitutionen auf das Feld des Franchising und der Lizenzierung – des Kulturfranchising.

Die Museumsmarke Louvre beispielsweise verfügt bisher über einen erfolgreich eingeführten Standort, bzw. „Pilotbetrieb“ in Paris, wenn gleich auch mit ausgesprochen umfangreichen, tiefen und langen Erfahrungen. Schließlich existiert er seit 1793.

Zusätzlich eröffnete die Museums-Marke in der französischen Region Nord-Pas-de-Calais die „Niederlassung“ Louvre Lens. Als erster internationaler Standort kommt zukünftig der Louvre Abu Dhabi, in den Vereinigten Arabischen Emiraten, hinzu. Macht für die Marke Louvre drei Standorte in zwei Ländern. Damit ist der Louvre im Bereich Kulturfranchising und Licensing unter den International First Class Museums schon recht gut aufgestellt.

Andere internationale Museumsmarken haben aktuell noch weniger Standorte. So verfügt das französische Centre Pompidou über je eine Niederlassung in Paris und Metz, das US-amerikanische Museum of Modern Art über zwei, wie auch die Dia Art Foundation und das Museum of Contemporary Art San Diego. Überholt werden sie alle bereits von der Tate Gallery London, mit insgesamt vier Standorten (London 2, Liverpool 1, St. Ives/ Cornwall 1).

Centre Pompidou, Paris © Kunstwirtschaftler.com
Centre Pompidou, Paris © Kunstwirtschaftler.com

Guggenheim ist Kulturfranchising-Trendsetter

Trendsetter im Kulturfranchising der internationalen First Class Museen, mit den meisten Standorten und damit schwergewichtiger Kulturfranchiser Nr. 1 ist das amerikanische Guggenheim Museum. Erfinder, bzw. erster Nutzer dieser für die Kulturlandschaft neuen Marktwachstums- und Marktdurchdringungsstrategie ist Thomas Krens. Dieser trat 1988 als Direktor der Solomon R. Guggenheim Foundation in deren Dienst ein und übernahm die Verantwortung für das zentrale Guggenheim Museum in New York, als auch für die Guggenheim Niederlassung in Venedig.

Die wenigen, das Wachstum limitierenden Museums-Standorte und die Ausgabenkürzungen für Kultur durch den Staat, bedeuteten für Thomas Krenz sehr schnell wohl eines: Kulturanbieter müssen sich konsequent wie Wirtschaftsunternehmen organisieren und verhalten sowie deren Erfolgsstrategien übernehmen, adaptieren und nutzen. Für ihn waren das die Profilierung durch einen konsequenten Markenaufbau und das Wachstum durch Franchising.

Ab 1988 wurde Guggenheim Venedig „franchiseartig“ geführt. 1997 das Guggenheim Bilbao in Spanien eröffnet sowie die Deutsche Guggenheim in Berlin, in Kooperation mit der Deutschen Bank. Das Guggenheim Soho in New York bestand von 1992 – 2001, das Guggenheim Hermitage in Petersburg

existiert seit 2001, das Guggenheim Las Vegas von 2001 – 2003. Gespräche und Verhandlungen zur Planung und Eröffnung von weiteren Guggenheimstandorten laufen seither ständig, u.a. in Abu Dhabi, Beijin, Guadalajara, Hong Kong, Moskau, Rio de Janeiro, Singapur, Sydney und Tokyo.

Dabei sollte man immer im Kopf behalten, dass eine Eröffnung einer McDonald`s Niederlassung laut Presseberichten ca. € 1 Mio. kostet, die eines Guggenheim Museums zwischen $ 300 – $ 500 Mio.

Franchising im High-End-Kulturbereich angekommen

Dass Franchising im High-End-Kulturbereich der International First Class Museums angekommen und ein aktuelles Thema ist, zeigt das Beispiel Guggenheim. Auch, wenn kulturelle und wirtschaftliche Sichtweisen nicht immer von allen Beteiligten voll geteilt und schon gar nicht einfach zusammengebracht werden, wie der Rücktritt des ehemaligen Chairman und langjährigen finanziellen Unterstützers Peter Lewis, aufgrund langer Diskussionen mit Thomas Krens, über die Wahl des Franchisings als Wachstumsstrategie, zeigt.

Aber das Verbinden und Austarieren von vermeidlichen Gegensätzen ist obligatorischer Bestandteil von kulturellen Prozessen und Projekten. So ist davon auszugehen, dass sich nach einer ersten Findungsphase spezielle Kulturfranchising-Varianten für die unterschiedlichen Bereiche

herauskristallisieren. Ihr Marktdurchdringungs- und Wachstumsanspruch wird allen gemein sein, die Art der Konzeption und Realisation divergieren. Ganz genau so, wie in der restlichen Wirtschaft. Die Vorteile, die Franchising Kulturunternehmen bietet, sind in der Branche jedoch erkannt worden. Das

zeigt sich nicht nur bei internationalen Museumsmarken mit Bildungsanspruch.

Kulturfranchising im Entertainment Business

MONTREUX JAZZ CAFÈ, Paris © Kunstwirtschaftler.com
MONTREUX JAZZ CAFÈ, Paris © Kunstwirtschaftler.com

Kennen Sie Madame Tussauds Wax Museum? Vormals ein Unternehmen der Dubai International Capitel, jetzt zur Merlin Entertainment Group und damit zur Blackstone Group gehörig, konzentriert sich das Londoner Kulturfranchise-Unternehmen (dort sechs Wax Museums) auf seinen Unterhaltungsbereich und die weitere internationale Expansion.

Blackstone ist übrigens nach Walt Disney der weltweit zweitgrößte Betreiber touristisch unterhaltender Attraktionen. Zu ihm gehören u.a. Legoland Dänemark (vier Parks sowie ein Standort in Berlin), 50% der Universal Studios Orlando und 18 Sea Life Aquariums. Die gesamten Entertainment-Angebote der Gruppe erreichen pro Jahr über 30 Mio. Besucher.

Montreux Jazz Festival, am Genfer See

Wie kann man die Werte und das Erbe eines 44 Jahre existierenden Kulturfestivals hochhalten, sein Image polieren und sein Feuer wieder anfachen, dabei aber gleichzeitig auch das damit verbundene Erlebnis international hochwertig vervielfachen, einer größtmöglichen Zahl von Menschen bekannt machen und dabei noch Geld verdienen? Die Antwort für den Festivalgründer Claude Nobs lautete wohl durch Kulturfranchising.

Die Stiftung des Montreux Jazz Festivals jedenfalls lässt die Montreux Experience SA so genannte Montreux Jazz Cafés seit 2008 weltweit im Franchising betreiben und selbst Lizenzen vergeben. Das Leitmotiv der Cafés sind die auf Video konservierten Montreux Jazz Festival Konzerte, die eben hier exklusiv gezeigt werden. Das professionelle Branding der identisch gestalteten Cafés umfasst großformatige Abbildungen der beim Konzert auftretenden Musiker und geht feinfühlig bis zur abgestimmten Schuhfarbe des Servicepersonals.

Die angestrebte Expansion sieht neben dem Start am Flughafen Genf 2008 weitere Eröffnungen in Montreux, Zürich, Lausanne und New York vor. Auch temporäre Varianten, wie während der Weltausstellung in Shanghai, sind beispielsweise für die Olympischen Spiele 2012 in London vorgesehen.

Kulturfranchising ist ein Wirtschaftswachstumsmotor

Kulturfranchising und Kulturlizenzierung haben sich als Trend bereits in unterschiedlichen Bereichen der Kulturwirtschaft erfolgreich fest etabliert. Sie erobern kreativ weitere Kulturbereiche. Positiv für die Gesamtgesellschaft, denn Kulturfranchising leistet nicht nur einen Beitrag zur gesellschaftlichen Wertebildung, sondern tätigt Investitionen in die jeweilige Region, in Form von Unternehmensgründungen, Arbeitsplätzen und Steuerabgaben sowie als Generator für nachfolgende weitere Konsumentenausgaben.

Thomas Matla, Dipl. Kommunikationswirt  © Kunstwirtschaftler
Thomas Matla, Dipl. Kommunikationswirt © Kunstwirtschaftler

Kulturfranchise-Artikel

by Thomas Matla © Kunstwirtschaftler.com